Manchmal können wir das Gefühl haben, allein zu sein oder nicht gesehen werden. In anderen Momenten fragen wir uns, ob Gott uns unsere Gefühle, Ängste, Sorgen überhaupt wahrnimmt und ob sie ihm überhaupt was bedeuten. Oder wir lesen in der Bibel von so vielen verschiedenen Menschen und fragen uns, ob wir da überhaupt wichtig sind. Man könnte sich zum Beispiel denken: „Klar hat Gott die Menschen in der Bibel „gesehen“, denn sie waren für die weiteren Ereignisse wichtig: Aber was ist mit mir? Bin ich für Gott wichtig? Vielleicht hast du auch schon von dem Satz gehört: „Du bist ein Gott, der mich sieht“. Aber stimmt das wirklich?
Die Frage, ob ich für Gott überhaupt wichtig bin, habe ich mir vor einiger Zeit selber gestellt, nachdem ich angefangen habe die Bibel chronologisch zu lesen (was ich übrigens wirklich, wirklich empfehlen kann, man versteht soo vieles so viel besser. :)). Nachdem ich mir über diese Frage ein paar Gedanken gemacht habe, habe ich nach Psalm 139 einen neuen Blick darauf. Vielleicht du ja auch?
In Psalm 139 denkt König David darüber nach, wie gut Gott ihn eigentlich kennt. Auffallend ist hier, dass der Psalm drei Fragen beinhaltet und am Schluss von Bitten an Gott beendet wird.
Aber lass uns nun erstmal einige Verse dieses wunderschönen Psalmes gemeinsam in der Menge-Übersetzung anschauen.
Sieht Gott, wie es mir geht?
Über diese Frage denkt König David am Anfang von Psalm 139 in den Versen 1-6 nach.
Dem Musikmeister, von David ein Psalm.
HERR, du erforschest mich und kennst mich;
du weißt es, ob ich sitze oder aufstehe, du verstehst, was ich denke, von ferne;
ob ich wandre oder ruhe, du prüfst es und bist mit all meinen Wegen vertraut;
denn ehe ein Wort auf meiner Zunge liegt, kennst du, o HERR, es schon genau.
Du hältst mich von hinten und von vorne umschlossen und hast deine Hand auf mich gelegt.
Zu wunderbar ist solches Wissen für mich, zu hoch: ich vermag’s nicht zu begreifen!
Wir können erkennen, Gott schaut nicht darauf, wie wir aussehen, sondern er schaut in unser Herz. Dabei wirft er nicht nur einen kurzen Blick auf uns und hat sein Urteil gebildet. Nein, er erforscht uns, sieht, was in unserem Herzen ist. Vielleicht ging es dir auch schon einmal so, dass jemand etwas beurteilt hat, was du gesagt oder getan hat und dich dabei gar nicht verstanden hat. Dass dir jemand erzählen wollte, wie du anscheinend bist, obwohl das dein Wesen gar nicht widerspiegelt. Mir ist es so schon ergangen und das war nicht nur frustrierend, sondern dadurch kam auch ein Gefühl, des Nicht-Verstanden-Werdens, ein Gefühl des Alleinseins.
Bei Gott musst du dir diese Sorgen aber nicht machen! Er weiß, wer wir wirklich sind. Er kennt dich und er kennt mich. Er kennt all unsere Gedanken und er sieht uns. Ja, er interessiert sich für uns und er weiß, ob wir gerade sitzen oder stehen. Wow! Dieser Satz kommt einem vielleicht gar nicht so wichtig vor. Mich berührt er aber sehr. Es gab Zeiten, da hab ich mich gefragt: „Sieht Gott mich wirklich? Bin ich überhaupt wichtig für ihn?“. Aber wenn dir jemand nicht wichtig ist, würde es dich dann interessieren, ob diese Person sitzt oder steht? Das ist schließlich nur etwas Nebensächliches. Und nicht nur das, Gott umgibt uns, hält uns. In der Schlachterübsetzung steht hier „Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir“. Nicht umsonst gibt es diesen schönen Spruch: „Wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand“. Ist das nicht wundervoll?
Ich habe hier entdeckt: Ja, du bist der Gott, der mich sieht!
Wir können nicht tiefer fallen als in Gottes Hand Klicken, um zu twitternGott, bist du sehr weit entfernt oder bist du mir Nahe?
Manchmal können wir das Gefühl haben, das Gott weit entfernt ist. In solchen Momenten kann man sich schnell einsam fühlen. Aber David beschreibt in den Versen 7-12 ganz klar. Gott ist uns Nahe.
Wohin soll ich gehn vor deinem Geist und wohin fliehn vor deinem Angesicht?
Führe ich auf zum Himmel, so wärst du da, und lagert’ ich mich in der Unterwelt, so wärst du dort;
nähme ich Schwingen des Morgenrots zum Flug und ließe mich nieder am äußersten Westmeer,
so würde auch dort deine Hand mich führen und deine Rechte mich fassen;
und spräch’ ich: »Lauter Finsternis soll mich umhüllen und Nacht sei das Licht um mich her!« –
auch die Finsternis würde für dich nicht finster sein, vielmehr die Nacht dir leuchten wie der Tag: Finsternis wäre für dich wie das Licht.
Egal, wo wir hingehen, Gott ist da. Auch, wenn wir ihn vielleicht nicht wahrnehmen. Das bedeutet auch, Gott sieht dich!
Wenn wir das Gefühl haben, dass Gott weit entfernt ist, liegt es übrigens fast immer daran, dass WIR uns von Gott entfernt haben. Dass WIR eine Mauer bauen, auf Abstand gehen, vor ihm fliehen wollen. Das kann viele Gründe haben. Aber Gott ist da und er reicht uns seine Hand! Wir können sie jederzeit ergreifen. Egal, wo wir sind, was wir getan haben und wo in unserem Leben wir gerade stehen. Selbst, wenn die Dunkelheit uns zu ergreifen versucht, wir depressiv sind, Ängste haben und uns wünschen, dass die „Finsternis uns umhüllt“. Selbst dann, in diesen schlimmsten Stunden unseres Lebens ist Gott für uns da. Für ihn ist NICHTS zu dunkel. Er will uns Licht sein, auch in unserer Dunkelheit. Auch hier wendet er sich niemals von uns ab. Er ist da! Wir sind nicht alleine.
Gott, verstehst du mich wirklich?
Manchmal fühlen wir uns unverstanden. Das kann daran liegen, dass man uns nicht kennt, aber z. B. auch daran, dass andere Dinge anders wahrnehmen als wir. Unser Denken und Handeln wird dabei natürlich auch dadurch geformt, was wir in unserem Leben bereits erlebt haben. Menschen, die ähnliches erlebt haben, können einen dabei viel besser verstehen. Trotzdem hat jeder seine eigene Geschichte, was auch unser Erleben individuell macht. Aber Gott kennt diese Geschichte, er kennt uns und er versteht uns. Er kannte uns schon, bevor wir überhaupt auf die Welt gekommen sind. Und er hat uns „wunderbar“ gemacht. Und das beschreibt David auch in den Versen 13-18.
Denn du bist’s, der meine Nieren gebildet, mich gewoben im Schoß meiner Mutter.
Ich danke dir, daß ich so überaus wunderbar bereitet bin: wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl.
Meine Wesensgestaltung war dir nicht verborgen, als im Dunkeln ich gebildet ward, kunstvoll gewirkt in den Tiefen der Erde.
Deine Augen sahen mich schon als formlosen Keim, und in deinem Buch standen eingeschrieben alle Tage, die vorbedacht waren, als noch keiner von ihnen da war.
Für mich nun – wie kostbar sind deine Gedanken, o Gott, wie gewaltig sind ihre Summen!
Wollt’ ich sie zählen: ihrer sind mehr als des Sandes; wenn ich erwache, bin ich noch immer bei dir.
Gott vertrauen und um Führung bitten
In den Versen 23 und 24 zeigt David sein großes Vertrauen in Gott, in dem er ihn darum bittet, seine innersten Gefühle und Gedanken zu erforschen.
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz, prüfe mich und erkenne meine Gedanken!
Und sieh, ob ich wandle auf trüglichem Wege, und leite mich auf dem ewigen Wege!
Vielleicht löst dieses Gebet Unbehagen in dir aus. Das ist verständlich. Schließlich hat man damit das Gefühl, sich verwundbar zu machen. Wir haben schließlich alle mal negative Gedanken oder tun etwas, von dem wir wissen (oder manchmal auch nicht), dass es nicht gut ist. Wir wollen uns damit oft selber nicht beschäftigen und schon gar nicht anderen offen legen, auch, wenn dieser andere Gott ist. Aber wir sollten versuchen Gott so zu vertrauen wie David und Gott unser Herz offen legen.
Vielleicht denkst du dir auch, warum du das beten solltest, schließlich kennt Gott unser Innerstes doch schon. Aber Gott möchte, dass wir freiwillig zu ihm kommen und eine Beziehung zu ihm haben. Stell dir vor, du hast eine gute Freundin und es geht ihr nicht gut. Du weißt warum, aber sie möchte nicht mit dir darüber reden, also kannst du ihr auch erstens nicht wirklich helfen und zweitens könntest du dich ausgeschlossen fühlen, als ob sie dir nicht vertraut. Vielleicht versuchst du sie zu ermutigen, mit dir darüber zu reden, aber letztendlich ist es ihre Entscheidung und du wartest, bis sie zu dir kommt. So ist das auch mit Gott. Er ist da und wartet darauf, dass wir mit ihm reden und ihm unser Herz öffnen.
Gleichzeitig bitten wir ihn mit diesem Gebet auch um Führung. Wir öffnen ihm unser Herz, lassen und von ihm prüfen. Dabei sind wir ehrlich und offen. Gott wird uns dann zeigen, ob wir noch auf seinen Wegen wandeln. Um zu wissen, wie Gottes Wille aussieht, sollten wir außerdem die Bibel lesen. Denn hier können wir entdecken, wer Gott ist.
- Eine Möglichkeit solche Texte näher zu studieren, kannst du in meinem Artikel zum Thema Lobes-SOAP-Bibelstudium lesen.
- Wenn du mehr über Gott erfahren möchtest, schau doch mal hier: Wie ist Gott?? Gottes Charakter verstehen.
In Vers 24 steht außerdem: „Leite mich auf dem ewigen Weg“. Auch dieser Weg ist in der Bibel beschrieben und er heißt Jesus Christus (Joh. 14,6).
„Nur wer in Christus ist, geht den Weg zum ewigen Leben. Nie ist einer den ewigen Weg gegangen, der nicht in Christus gewesen wäre. Allerdings erkennt man den Menschen in Christus daran, dass er beständig nach diesem Weg fragt und Gott immer wieder bittet, ihn auf diesem Weg zu erhalten. So wird er auf dem Weg wandeln, der allein zum Vater führt“ (Benedikt Peters 2014, S. 583).
Lasst uns beständig nach dem Weg zum ewigen Leben fragen und Gott immer wieder bitten, uns auf diesem Weg zu erhalten. Tweete es für deine FreundeEin Gedicht von Paul Gerhardt: Herr, du erforschest meinen Sinn
Zum Abschluss noch ein Gedicht zu Vers 23, geschrieben von dem evangelisch-lutherischen Theologen und Kirchenlieddichter Paul Gerhardt, der von 1607 bis 1676 gelebt hat.
Herr, du erforschest meinen Sinn (zum Öffnen bitte klicken)
Herr, du erforschest meinen Sinn
Und kennest, was ich hab und bin,
Ja, was mir selbst verborgen ist,
das weißt du, der du alles bist.
—
Ich sitz hier oder stehe auf,
Ich lieg, ich geh auch oder lauf:
So bist du um und neben mir,
Und ich bin allzeit hart bei dir.
—
All die Gedanken meiner Seel,
Und was sich in der Herzenshöhl
Hier reget, hast du schon betracht’t,
Eh ich einmal daran gedacht.
—
Auf meiner Zungen ist kein Wort,
Das du nicht hörtest allsofort,
Du schaffest, was ich red und tu,
Und siehst all meinem Leben zu.
—
Das ist mir kund. Und bleibet doch
Mir solch Erkenntnis viel zu hoch,
Es ist die Weisheit, die kein Mann
Recht aus dem Grunde wissen kann.
—
Wo soll ich, der du alles weißt,
Mich wenden hin vor deinem Geist?
Wo soll ich deinem Angesicht
Entgehen, dass mich’s sehe nicht?
—
Führ ich gleich an des Himmels Dach,
So bist du da, hältst Hut und Wach,
Steig ich zur Höll und wollte mir
Da betten, find ich dich auch hier.
—
Wollt ich der Morgenröten gleich
Geflügelt ziehn, so weit das Reich
Der wilden Fluten netzt das Land,
Käm ich doch nie aus deiner Hand.
—
Rief ich zu Hilf die finstre Nacht,
Hätt ich doch damit nichts verbracht;
Denn lass die Nacht sein wie sie mag,
So ist sie bei dir heller Tag.
—
Dich blendt der dunkle Schatten nicht,
Die Finsternis ist dir ein Licht,
Dein Augenglanz ist klar und rein,
Darf weder Sonn noch Mondenschein.
—
Mein Eingeweid ist dir bekannt,
Es liegt frei da in deiner Hand,
Der du von Mutterleibe an
Mir lauter Lieb und Guts getan.
—
Du bist’s, der Fleisch, Gebein und Haut
So künstlich in mir aufgebaut;
All deine Werk sind Wunder voll,
Und das weiß meine Seele wohl.
—
Du sahest mich, da ich noch gar
Fast nichts und unbereitet war,
Warst selbst mein Meister über mir
Und zogst mich aus der Tief herfür.
—
Auch meiner Tag und Jahre Zahl,
Minuten, Stunden allzumal
Hast du, als meiner Zeiten Lauf,
Vor meiner Zeit geschrieben auf.
—
Wie köstlich, herrlich, süß und schön
Seh ich, mein Gott, da vor mir stehn
Dein weises Denken, was du denkst,
Wenn du uns deine Güter schenkst!
—
Wie ist doch das so trefflich viel!
Wenn ich bisweilen zählen will,
So find ich da bei Weitem mehr
Als Staub im Feld und Sand am Meer.
—
Was macht denn nun die wüste Rott,
Die dich, o großer Wundergott,
So schändlich lästert und mit Schwach
Dir so viel Übels redet nach?
—
Ach, stopfe ihren schnöden Mund,
Steh auf und stürze sie zugrund,
Denn weil sie deine Feinde sind,
Bin ich auch ihnen herzlich feind.
—
Ob sie nun gleich hinwieder sehr
Mich hassen, tu ich doch nicht mehr,
Als dass ich wider ihren Trutz
Mich leg in deinen Schoß und Schutz.
—
Erforsch, Herr, all mein Herz und Mut,
Sieh, ob mein Weg sei recht und gut,
Und führe mich bald himmelan
Den ew’gen Weg, die Freudenbahn.
—
Gerhardt, Paul zit. nach Peters, Benedikt 2014, S. 584 ff.
Wenn wir uns Psalm 139 also anschauen, dann können wir erkennen, dass Gott uns und unsere Sorgen wirklich sieht und dass wir ihm wichtig sind. Und dann können wir auch zuversichtlich sagen:
Du bist ein Gott, der mich sieht!
Quelle
Peters, Benedikt (2014): Die Psalmen. 107-150. Bielefeld: CLV. (Kann kostenlos auf der Seite des CLV-Verlages runtergeladen werden. 🙂 )
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